«Bevorzugt werden heute Kandidaten, die Kreativität, Agilität des Denkens und interdisziplinäre Lösungsansätze anwenden.»
Erik Wirz, Wirz & Partners Management Consulting. Zug
Ihre Aufgabe ist es, eine Position mit dem optimalen Kandidaten oder der optimalen Kandidatin zu besetzen. Wie wichtig ist dabei die Weiterbildung im Lebenslauf?
Erik Wirz: Nach der akademischen Ausbildung und ersten Berufserfahrungen sollte der Weiterbildungsprozess natürlich nicht abgeschlossen sein. In der Schweiz hängt alles am «brain power». Ohne vernünftigen Leistungsausweis im Beruf und einer entsprechenden fundierten Ausbildung kommt man auf keinen grünen Zweig.
Das Erststudium ist die Grundvoraussetzung. Wichtig ist, was jemand damit macht, wie er Gelerntes beruflich anwendet. Im Anschluss sind Weiterbildungen wie ein CAS, MAS, Nachdiplomstudium oder eine Promovierung oder eine Kombination daraus sinnvoll.
Wie beurteilen Sie Weiterbildungen wie Certificate of Advanced Studies (CAS), Diploma of Advanced Studies (DAS) und Master of Advanced Studies (MAS), die heute von vielen Fachhochschulen angeboten werden?
Entscheidend ist immer die Relevanz zur Stelle beziehungsweise zur Rolle im aktuellen Job. Weiterbildungen, die keinen Bezug zum Lebenslauf und der aktuellen Aufgabe und Verantwortung haben, sind schön, wirken sich aber kaum positiv auf die Karriereentwicklung aus. Wenn jemand zum Beispiel Pharmazie studiert hat und danach einen CAS im Themenbereich Digitalisierung macht, kann er nicht erwarten, damit IT-Chef zu werden. Anders sieht es aus, wenn die gleiche Person nach dem Pharmazie-studium in der Branche arbeitet, dort in ein IT-Projekt involviert wird und sich mehrere Jahre an der Schnittstelle Business/Technologie bewegt. Wenn die Person im Anschluss Karriere macht in der Firma und sie dann die entsprechende IT-Weiterbildung absolviert, ist eine Weiterbildung wie ein CAS ein Hebel, der Sinn macht.
Die berufliche Erfahrung wird demnach ebenfalls hoch gewichtet.
Ja, unsere Kunden erwarten für Führungspositionen einen entsprechenden Leistungsausweis, sowohl auf der Ebene Leadership wie aber auch fachlich und akademisch. Die entsprechende Fachausbildung reicht nicht.
Wie eine Studie ergab, fühlen sich die Absolventen solcher Weiterbildungslehrgänge besser auf die beruflichen Herausforderungen vorbereitet. Wie sieht dies in der Praxis konkret aus?
Was die Praxistauglichkeit angeht, müssen Schweizer Hochschulen im Vergleich zu denen der USA noch aufholen. An den amerikanischen Eliteuniversitäten arbeitet man schon viel länger mit Case Studies, und zwar fachtechnisch, akademisch, technologie- und methodenseitig sowie im Leadership-Bereich auf höchstem Niveau. Obwohl sich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren in der Schweiz vieles verändert hat, gibt es auf breiter Basis noch Verbesserungspotenzial.
Was erleben Sie diesbezüglich mit Ihren Kandidaten?
In den Bereichen Technologie und Life Sciences, in denen wir unterwegs sind, haben wir hohe Anforderungen. In einem Studium lernen die Leute, unter Druck schnell Informationen zu erarbeiten, aufzubereiten und anzuwenden. Wir sprechen gerne von einer intellektuellen Werkzeugkiste, die jeder bei sich hat. Wir lernen nicht nur aus Büchern, wir betreiben Best Practice, lernen von unseren Kollegen, informieren uns im Intemet - und täglich lernen wir on the Job. Die grösste Herausforderung für die Leute, welche die beschriebenen Weiterbildungen absolvieren, ist folglich:
Sie müssen das Gelernte umsetzen können, auch in ausserordentlichen Situationen. Und kreative Lösungsansätze entwickeln. Bevorzugt werden heute Kandidaten, die Kreativität, Agilität des Denkens und interdisziplinäre Lösungsansätze anwenden.
Zudem gaben die Absolventen an, dass sich die Weiterbildung auf ein höheres Einkommen auswirke. Deckt sich das auch mit Ihren Erfahrungen in der Praxis?
Es kommt darauf an. Wenn eine Person mit einem BWL-Studium an der HSG noch einen MBA anhängt und denkt, sie könne gleich danach mit 30 bis 50 Prozent höherem Lohn die Investition wieder wettmachen - dann ist diese Annahme nicht realistisch. Anders sieht es aus, wenn jemand, nach einigen erfolgreichen Jahren in einer Position, einen MAS oder DAS absolviert und befördert wird und entsprechend mehr Lohn erhält. Dieses Muster beobachten wir häufig.