Von Rainer Weihofen, FINANZ und WIRTSCHAFT
Als Berater sei er es ja gewohnt, virtuell zu arbeiten, aber es gäbe schon gewisse Abnützungserscheinungen, nicht nur bei ihm selbst, sondern auch bei seinen Kunden und bei den Kandidaten, sagt Erik Wirz. Beim virtuellen Kaffeeplausch ist davon allerdings wenig zu spüren. Der Gründer und Eigentümer der Executive Search Firma Wirz & Partner kommt schnell zur Sache und zeigt deutlich, dass er von seiner Aufgabe begeistert ist.
Die Aufgabe ist die Suche und Vermittlung von Verwaltungsräten, CEOs, Finanzchefs und Fachspezialisten für Unternehmen mit einem Bezug zur Schweiz. Wirz betont, er mache dabei vieles anders als seine Konkurrenten. «Wir sind die Challenger im Executive-Search Markt der Schweiz.» Die grossen im Markt seien alle schon sehr lange im Markt und lebten von ihrem Rolodex. Das sei bei ihm nicht so.
Er habe seine Firma damals mehr oder weniger aus Frust gegründet. Als er selbst mit grossen Headhuntern zu tun hatte, sei die Ansprache oft unverbindlich gewesen. Aus seiner Sicht nicht stufengerecht, teilweise mit jungen und unerfahrenen Berater. «Ich dachte, anstatt zu lästern, mach ich das jetzt selbst und zwar besser.»
«Um meinem Qualitätsanspruch gerecht zu werden, haben wir in unserer Strategie festgelegt, dass wir nur Dinge tun, die wir auch verstehen», sagt Wirz. «Wir machen drei Sachen und nicht 50 und wir folgen nicht dem opportunistischen Prinzip, egal was der Kunde sucht, wir können das.»
Zu den drei Sachen gehören die beiden Branchen Life Science und Informationstechnologie sowie die Digitalisierung, die Wirz als horizontale Disziplin beschreibt. Er betrachte Digitalisierung nicht per sé als eine Technologie, sondern holistisch, als Teil des Changemanagements. «Ich denke, da sind wir Marktführer in der Schweiz.» Die Zeiten, in denen Produktion, Marketing und Vertrieb getrennt voneinander agierten, seien endgültig vorbei. Nur im Zusammenspiel der Funktionen könne man ein Geschäft durchgängig digitalisieren. «Das ist unsere Positionierung.»
Erik Wirz begann seine Karriere bei DEC. Er hatte verschiedene Managementfunktionen inne, bei Compaq, HP, sowie bei bei CA (Computer Associates) und in verschiedenen Management Consulting Firmen. Daher weiss er aus eigener Erfahrung, was veraltete, ungenaue und unvollständige Daten für ein Unternehmen im heutigen Umfeld bedeuten. Das «Schmerzmuster» innerhalb von Geschäftsleitungen habe sich in einer Zeit, in der die Digitalisierung nicht mehr in die Kategorie «wenn wir einmal Zeit haben, machen wir das auch noch» geändert. «Die klassischen Rollenausprägungen werden heute extrem herausgefordert.»
Finanzchefs, Informatikchefs aber auch Verwaltungsräte gerieten heute zunehmend unter Druck. So hätten sich zum Beispiel viele CFOs jahrzehntelang darauf verlassen können, dass sie ihre Budgetierung auf die Zahlen der Vorjahre abstützen können. Das funktioniere in disruptiven Zeiten nicht mehr. Gleichzeitig stiegen die Ansprüche an die Genauigkeit von Planzahlen. Alle Planungsaspekte müssten daher immer intelligenter im Unternehmen verankert und neue Hilfsmittel und Technologien integriert werden. «Da kommen wir ins Spiel. Wir finden Leute, die fähig sind, eine Organisation für ein neues Zielbild begeistern zu können».
Das klinge zwar banal, doch es gehe heute bei Veränderungsprozessen nicht mehr darum, Silos aufzubrechen oder eine neue Firmenorganisation einzuführen. Mehrdimensionale Kompetenz sei gefragt. Jemand, der eine Finanzabteilung verändern soll, müsse nicht nur die Rechnungslegungsvorschriften kennen, sondern braucht eine hohe Affinität zu Technologie. Zudem müsse ein Kandidat oder eine Kandidatin fähig sein zu begeistern und die intrinsische Motivation in der Organisation fördern zu können. Damit nicht jede Veränderung zur Schockstarre in der Organisation führe. Ähnliches gelte auch für Verwaltungsräte. Heute reiche es nicht mehr, lange genug in einer Industrie unterwegs gewesen zu sein. Die Profile würden vielschichtiger.
Doch gibt es solche Leute überhaupt und wie findet Erik Wirz sie ohne Rolodex? Der Berater bleibt vage. «Viele Dinge wissen wir einfach, weil wir fokussiert und daher genügend nahe an den Zielindustrien & Rollen sind.» Zudem habe sein Unternehmen ein eigenes Research-Team mit viel Erfahrung und müsse daher nicht auf Drittfirmen zurückgreifen. Und es würden Suchalgorithmen eingesetzt, sowie sogenannte ontologischen Suchwolken. Das ist eine Mischung aus harten Fakten und grossen Begriffswolken.» Die Mischung unterscheide sich je nach Auftrag. Die Algorithmen würden, im Ident & Research Prozess, zum «Data Enrichment» eingesetzt, um zu Plausibilisieren, ob ein potentieller Kandidat tatsächlich geeignet ist und die vorhandenen Daten noch stimmen.
«Wir können sehr schnell analysieren, wieviel geeignete Personen es in einem Zielmarkt gibt. Wir brauchen eine gewisse Kandidatenmarktgrösse, bevor wir ein Kommittent abgeben.» Es könne daher vorkommen, dass Wirz & Partners ein Mandat ablehne, weil es zu wenig Leute gibt welche dem gesuchten Profil entsprechen.