Erik Wirz im Interview mit der Zuger Woche
von: Andy Stauber
Im Krypto-Markt wählt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber
Der Zuger Headhunter Erik Wirz von Wirz & Partners über die Schwierigkeit, Führungskräfte fürs Crypto Valley zu finden
Alle reden vom Crypto Valley. Der Zuger Headhunter Erik Wirz sucht für die Tech-Firmen Personal – und sagt, das sei keine einfache Aufgabe.
Warum ist es so schwierig, geeignete Leute fürs Zuger Crypto Valley zu finden?
Innerhalb der ganzen Technologiebranche ist das Thema Krypto noch immer relativ neu. Das heisst, dass es anteilmässig nicht so viele Leute gibt, die wirklich etwas davon verstehen – besonders in der Schweiz. Das heisst, wir müssen entweder Leute rekrutieren, die sich von der Ausbildung her eignen oder wir müssen uns auch international umsehen.
Aber unsere beiden ETHs sind technologisch gesehen doch Weltklasse. Da finden sich doch sicher auch kryptoaffine Menschen.
Prinzipiell kann jeder Mathematiker oder Softwareentwickler in diese Branche gehen. Aber es stellt sich da auch die Frage: Warum ist oft ein anderer Ort attraktiver als die Schweiz? Auf der einen Seite ist Zug sicher sehr attraktiv, weil es in der ganzen Krypto-Welt eine Vorreiterrolle innehat, das ist besonders für Ausländer anziehend. Auf der anderen Seite ist der Teich von top ausgebildeten jungen Leuten in der Schweiz auch relativ klein. Und wenn die dann nach Kalifornien rüberschauen ins Silicon Valley, dann finden sie dort ein viel grösseres Ökosystem.
Vielleicht kann man als junger Mensch in Kalifornien einfach auch viel mehr Spass haben als in Zug.
Das kommt sicherlich noch dazu. Aber man muss auch differenzieren. Reden wir von Leuten, denen eine Firma gehört oder von einem Fachspezialisten? Da sind die Interessenslagen sehr verschieden. Dazu kommt, dass die physische Vor-Ort-Präsenz immer mehr an Bedeutung verliert. Es gibt moderne Firmen, die nicht mal mehr ein eigenes Büro haben.
Wie ist denn das mit den Krypto-Firmen in Zug? Sind das Unternehmen, die laufend neue Arbeitsplätze schaffen oder eher Leute, die einsam vor sich hinwursteln?
Es ist ein eigenes Ökosystem, das heisst, man kennt sich. Die Leute treffen sich an Podien, an Veranstaltungen, das ist alles sehr international und es ist eine Community. Wenn man sich anschaut, wer die Firmen gegründet hat, dann ist auch das oft sehr international – und jung. Ich hatte vor ein paar Wochen eine Anfrage von zwei Firmengründern. Die waren beide Ende 20 und arbeiteten nur mit ihrem eigenen Geld.
Eine Community, die – wenn ich das so sagen darf – stinkreich ist. Es sind ja Billionen im Krypto-Bereich investiert.
Da muss man ein bisschen vorsichtig sein. Krypto-Währungen sind ja nicht einfach normales Fiat-Geld, mit dem man im Coop oder in der Migros bezahlt. Und oft sind es ja auch antizipierte Vermögen. Das sind Tageskurs-Betrachtungen in einem hochvolatilem Umfeld. Und jetzt haben wir auch verschiedenste Regulierungsbestrebungen, das heisst, der Wert der Krypto-Währungen kann sich sehr schnell ändern.
Trotzdem wird ja richtiges Geld investiert. Wenn ich zum Beispiel einen Ethereum kaufen möchte, muss ich fast 3000 Franken dafür bezahlen.
Es gibt eben beides.
Es gibt Leute, die die Währungen kaufen, um zu investieren. Aber ein Grossteil des
Vermögenszuwachses im Krypto-Bereich passiert aufgrund einer
Veränderung der Bewertung. Wer wirklich profitiert hat, sind die Plattformprovider und diejenigen Leute, die sehr früh dabei waren und so astronomische Werte schöpfen konnten.
Zurück zum Personalwesen.Was für Leute sind bei den Krypto-Firmen denn gefragt?
Das kommt darauf an, welchen Bereich man betrachtet: Top-Management, den Verwaltungsrat, das C-Level oder den «einfachen» Programmierer. Wir haben es oft mit Menschen zu tun, die eine Krypto-Firma gegründet haben und über substanzielle Mittel verfügen, aber die in der Community nicht so bekannt sind. Für diese Personen ist die Zusammensetzung des Verwaltungsrats ein Schlüsselelement. Mit bekannten, ausgewiesenen Krypto-Experten, respektive relevanten Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, können sie sich in der Community Vertrauen schaffen. Aber es ist tricky, an gute Leute ranzukommen.
Also braucht es Vitamin B?
Nehmen wir an, Sie sind ein Spezialist im Krypto-Bereich, kommen in die Schweiz und wollen hier eine Firma etablieren. Spätestens bei Ihrem Treuhänder kommt dann das Thema Verwaltungsrat auf den Tisch. Es ist natürlich einiges schwieriger, für eine solche Firma geeignete Verwaltungsräte zu finden als für die Migros. Beim orangen Riesen möchten alle mitmachen. Aber Sie kennt hier niemand und dann sind Sie auch noch Ausländer… Darum kommen diese Firmengründer dann zu uns. Auf dem C-Level ist das ähnlich. Der Krypto-Bereich ist ein Abwerbemarkt. Hier wählt der Angestellte den Arbeitgeber und nicht umgekehrt.
Merken Sie als Zuger Headhunter eigentlich etwas von den Sanktionen gegen russische Firmen?
Nein, in unserem Bereich haben wir noch nichts gemerkt. Mal abgesehen von dem, was man in der Zeitung liest.
Wie unterscheidet sich die Arbeit eines Headhunters im Kanton Zug vom Kanton Zürich?
Das muss man differenziert betrachten. Von Zürich aus ist man mit der S-Bahn gleich schnell in Zug wie in Zürich mit dem Tram von einem Ende der Stadt zum anderen. Geografisch gesehen ist der Pendleraspekt also kein Thema. Besonders nicht für internationale Menschen. Wenn die täglich unter einer Stunde unterwegs sind, dann interessiert sie das nicht. Wenn es aber um den adressierbaren Kandidatenmarkt geht, dann ist es offensichtlich, wo man mehr Leute findet: Zug hat keine Universität. International gesehen, ist es mehr ein Gusto-Frage. Da können die Immobilienpreise und die Steuern eine Rolle spielen. Aus der Sicht eines Firmengründers gibt es aber einen himmelweiten Unterschied. Der Kanton Zug geht vorbildlich mit diesen Leuten um, ist nahbar und pragmatisch. Das ist in Zürich ganz anders. Und gerade im Krypto-Bereich zeigt sich, dass Zug hervorragend arbeitet: Hier hat man einen Community-Effekt geschaffen, der eine internationale Relevanz erreicht hat. Das ist ein fantastisches Ergebnis.