Headhunter zur Füglistaler-Nachfolge
Interview: Peter Ilg, Tamedia, Verkehrsmonitor
Erik Wirz ist Headhunter. Er sucht im Auftrag von Unternehmen Top-Manager, auch für die Mobilitätsbranche. Sein Problem: dieser Markt ist in der Schweiz fast schon monopolistisch und klein. Deshalb denkt er grösser
Stellen von hochrangigen Managern werden selten ausgeschrieben. Die Suche nach geeigneten Kandidaten läuft anonym ab. Häufig beauftragen Unternehmen Headhunter damit. Sie haben ein entsprechendes Netzwerk. Das ist ihr grösstes Kapital, das sie im Idealfall mehren. So macht es jedenfalls Erik Wirz. Nach welchen Regeln der Headhunter bei seiner Arbeit vorgeht, vereinbart er mit seinem Auftraggeber. Meistens kommen dabei zwei Listen heraus. Auf der einen stehen Namen, die er anrufen darf. Die Personen auf der anderen Liste sind tabu. Im Interview erzählt er auch, mit was sich Top-Manager aus ihrer Komfortzone locken lassen.
Das Bundesamt für Verkehr BAV sucht einen Nachfolger für Direktor Peter Füglistaler. Die Leitung des BAV ist wahrscheinlich die renommierteste Stelle im Verkehrswesen, die derzeit in der Schweiz zu besetzen ist.
So könnte man meinen. Die öffentliche Hand muss Stellenausschreibungen öffentlich publizieren. Deshalb ist Füglistalers Nachfolge ausgeschrieben. Unter den Sichtbaren ist sie die wohl renommierteste Position. Vielleicht ist sie aber schon vergeben. Denn mit der Ausschreibung erfüllt das BAV lediglich seine Pflicht. In der freien Wirtschaft werden TopPositionen nicht publiziert. Häufig beauftragen Unternehmen Headhunter, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten anonym zu suchen und zu finden.
Sind Jobs wie der von Füglistaler begehrt?
Hohe Positionen sind vordergründig attraktiv. Andererseits stehen die Personen aber auch permanent in der Öffentlichkeit. Bei hochrangigen politischen Positionen kommt hinzu, dass sie zu ihren fachlichen Aufgaben eine Vielzahl an unterschiedlichen politischen Interessen berücksichtigen sollen. All diese verschiedenen Lager zerren und ziehen mehr oder weniger stark an der Person herum. Sie muss deshalb auch wissen, wie sie sich in einem politischen Umfeld strategisch verhält.
Wie gehen Sie bei der Suche nach einer hochkarätigen Managerin oder einem Top-Manager vor?
Zunächst müssen Headhunter verstehen, was die Herausforderungen für die Person in dieser Position in den kommenden zwölf, 24, 36 Monaten sind. Das sind keine 200 Punkte, sondern die wichtigsten zehn. Weiterhin sollten sie die Interessen von Vorgesetzten, Verwaltungsräten oder Geldgebern kennen. Wenn das klar ist, beschäftigen wir uns mit der Persönlichkeit des Profils. Anschliessend geht es um einfache Dinge, wie Anforderungen an die Stelle, etwa welches Studium wird vorausgesetzt und welche Fremdsprachen. Aufgrund des daraus erstellten Profils schauen wir, wer in welcher Firma darauf passt. Schliesslich werden Personen vorselektiert und über geeignete Medien und Kanäle angesprochen.
«Kontakte sind das Gold von Headhuntern.»
Erik Wirz
Dafür brauchen Sie ein Netzwerk.
Kontakte sind das Gold von Headhuntern. Unser Netzwerk besteht aktuell aus etwa 60 000 Personen und wir erweitern es mit jedem Auftrag. Denn wir scannen nicht nur unsere Datenbank, um passende Kandidaten auszuwählen. Wir durchforsten parallel auch den kompletten Markt, um sicherzustellen, dass unsere Vorschläge an den Auftraggeber eine vollständige Aufstellung des verfügbaren Potentials abbilden.
Nach welchen Regeln headhunten Sie?
Die Spielregeln vereinbaren wir mit dem Kunden und erstellen daraufhin zwei Listen. In der einen legen wir fest, welche Personen in welchen Firmen oder Ämtern wir ansprechen. Auf der anderen stehen Firmen, Ämter oder Personen, die nicht angesprochen werden dürfen: den Auftraggebern muss bei diesen Personen klar sein, dass nach einer Ansprache von uns bei ihnen zehn Minuten später das Telefon klingelt und sich jemand bitterböse beschwert, weil eine Person aus ihrer Firma abgeworben werden soll. Headhunter müssen also wissen, wen sie kontaktieren dürfen und wen nicht. Der Einzige, der das sagen kann, ist der Auftraggeber. Seriosität und Anonymität sind wohl zwei Ihrer wichtigsten Arbeitsweisen. Was kommt dazu? Integrität und absolute Verschwiegenheit.
Headhunting ist wahrscheinlich kein Schnäppchen. Was kostet die Kandidatensuche?
Bei Top-Managern liegt das Honorar zwischen 30 und 40 Prozent des gesamten Jahresgehalts.
In der Schweiz herrscht Personalmangel. Trifft das auch auf Top-Positionen in Verkehr und Mobilität zu?
Das ist so und nicht nur in den genannten Branchen, sondern in allen.
Wo suchen sie dann?
Vor wenigen Monaten haben wir für die Schweizer Niederlassung einer renommierten Beratungsfirma eine Senior-Management-Position im Public Transport besetzt. Kunden des Beratungshauses sind öffentliche Verkehrsbetriebe wie SBB, BLS und die Post. In der Logistik zählen Kühne und Nagel sowie Planzer dazu. Die Suche nach geeigneten Managementund Technologie-Beratern in der Schweiz ist schwierig, im Speziellen, wenn es wie hier um spezifisches Industriewissen geht. In diesem Segment gibt es nur wenige Alternativen bei der Kandidatensuche. Der Arbeitsmarkt für Verkehr und Logistik ist in der Schweiz mitunter monopolistisch und sehr klein.
Wo wurden sie fündig?
Wir könnten unsere Aufträge nicht erfüllen, wenn wir nicht im Ausland Personal für Schweizer Unternehmen anwerben würden.
Warum überhaupt sollten Unternehmen Headhunter mit der Personalsuche beauftragen?
Personalabteilungen von Unternehmen haben in den meisten Fällen nicht die Ressourcen, um eine Ansprache von Kandidaten durchführen zu können. Üblicherweise ist die direkte Ansprache auch nicht deren Aufgabe. Wenn wir sie übernehmen, weiss unser Kunde ganz genau, wann wir liefern. Denn die komplette Rekrutierung hat bei uns oberste Priorität. In Personalabteilungen können sich die Prioritäten ändern und die Stellenbesetzung deshalb verzögern. Personaler haben auch nicht zwingend ein entsprechendes Netzwerk, oder können nicht im direkten Wettbewerbsumfeld Personen abwerben. Das ist in der Schweiz verpönt. Wenn wir als Top-Headhunter auf eine Person zugehen, spricht sie mit uns. In der Kartei eines führenden Headhunters zu stehen, ist gut für die Karriere. Ruft irgendeine Personalerin oder ein Personaler an, legen sie womöglich einfach auf.
Ihre Klientel hat bereits einen gewissen Status und ein hohes Gehalt. Aus welchen Gründen verlassen sie ihre Komfortzone?
Salär ist ein Hygienefaktor, der einfach stimmen muss. Das Gehalt ist aber nicht der primäre Grund für einen Wechsel. Das Wichtigste sind Gestaltungsmöglichkeiten. Nur dann können Manager etwas bewegen und daran werden sie letztendlich gemessen.