Wirz & Partners

Zürcher Oberländer, Headhunter glaubt nicht an eine Zukunft des GZO Spitals

Wetzikon Die am Spital beteiligten Gemeinden suchen derzeit nach einem neuen Verwaltungsrat für das
GZO Spital. Wir haben bei Headhuntern nachgefragt, was es jetzt braucht und wer sich das antun würde.

Erik Wirz im Interview mit dem Zürcher Oberländer von Ljilja Mucibabic


Die gute Nachricht: Der angeschossene Verwaltungsrat des GZO Spitals will den Weg frei machen für eine neue Führungscrew. Die nicht so gute Nachricht: Diese neue Führungscrew zu finden, dürfte schwierig sein. Nach wie vor ist unklar, ob dem Spital in seiner finanziellen Notlage eine definitive Nachlassstundung gewährt wird. Stichtag ist der 30. Dezember. Dann läuft die provisorische Nachlassstundung aus – es droht der Konkurs. Das Spital könnte diese Frist mit seinem Gesuch um eine definitive Nachlassstundung verlängern.

Nur Morphin für einen Sterbenden?

 

Während also unklar ist, ob dem Finanzpatienten Ende Jahr der Stecker gezogen wird, suchen die Gemeinden nach einer neuen Führungscrew. Unterstützt werden sie dabei von einer externen Firma. In der Regel sind das sogenannte Headhunter. Wir haben drei solche Spezialisten gefragt, worauf es jetzt ankommt. Einer von ihnen sagt, er hätte ein entsprechendes Mandat ausgeschlagen, weil er diese Stelle niemanden zumuten wollen würde. Und selbst wenn sich jemand für den Posten fände, sei das Spital dem Untergang geweiht.

 

 

Von Zuversicht bis Sterbehilfe

 

Wetzikon Ein neuer Verwaltungsrat soll beim GZO Spital das Steuer im Sturm übernehmen. Die Gemeinden sind mit externer Hilfe auf der Suche nach geeigneten und gewillten Personen. Wir haben drei Experten gefragt, was es jetzt braucht.

 

Ljilja Mucibabic

 

170 Millionen Franken zurückbezahlen, ein Sanierungskonzept, das nicht allen schmeckt, und fehlende Rückendeckung vom Kanton – die Lage beim GZO Spital Wetzikon ist prekär. Theoretisch könnte der Stecker bereits Ende Jahr gezogen werden. Dann nämlich, wenn die Nachlassstundung nicht verlängert werden sollte.

Daran mag wohl aber niemand denken. Die am Spital beteiligten Gemeinden versuchen ihren Teil dazu beizutragen, die regionale Gesundheitsinstitution vor dem Untergang zu retten. Ein neuer Verwaltungsrat könnte es richten. Bei der Personalsuche für das Gremium haben die Gemeinden Hilfe bei einer externen Firma geholt. In der Regel sind das Headhunter, die auf die Suche von Verwaltungsratspersonal spezialisiert sind und über ein entsprechendes Netzwerk verfügen. Wir haben mit drei solchen Büros gesprochen. Keines davon hat ein Mandat im Zusammenhang mit dem GZO Spital.

 

Kompetenz im Vordergrund

 

Dass sich die Gemeinden bei der  Suche externe Hilfe geholt haben, findet Felix Howald, geschäftsführender Inhaber der Verwaltungsrat Management AG, richtig und wichtig. «Häufig lässt man Beziehungen spielen, statt auf Kompetenz zu schauen», so Howald. Beim GZO brauche es jetzt aber vor allem Kompetenz.

Der VR-Experte zeichnet denn auch ein klares Profil für den neuen Verwaltungsratspräsidenten: Er muss sich im Gesundheitsbereich auskennen, Zugang zum Finanzmarkt haben und Erfahrung in der Führung eines Grossbetriebs und in TurnaroundSituationen haben. «Jemand aus der Politik wäre nicht ideal», sagt Howald bestimmt.

Kategorisch ausschliessen würde Erik Wirz von Wirz & Partners eine politische Person nicht. Wenn es ein Unternehmer mit Sanierungs-Know-how wäre, könnte es auch eine politische Person sein. Wirz ist überzeugt, dass die Zusammensetzung des Gremiums matchentscheidend ist, wenn es mit dem Spital weitergehen soll.

 

Die Rolle des Verwaltungsrats

 

Das neue Team erwartet ein Scherbenhaufen. Und das sei noch nett ausgedrückt, meint Wirz. «Wenn die Situation desolat ist, muss man zusehen, dass man Kompetenz in den VR und den C-Level respektive neue Träger des Vertrauens ins Spiel bringt. Ausser es findet sich jemand, der das Projekt aus altruistischen Gründen finanziert. Aber das ist ja unwahrscheinlich.»

 

Dem Profil, das Howald für den Präsidenten zeichnet, kann Wirz allerdings nicht viel abgewinnen und meint: «Das ist halt die Religionsfrage, was die Rolle eines solchen Verwaltungsrats ist.» Die von Howald genannten Kompetenzen sieht Wirz eher auf der Geschäftsführungsebene, dem sogenannten C-Level – also CEOs und CFOs. Diese Ebene müsse man zuerst genau anschauen.

 

«Die Stärken und Schwächen auf C-Level müssen vom Verwaltungsrat erkannt werden und notfalls mit den richtigen Personen besetzt werden», erklärt Wirz. Bei der Definition des Suchprofils für Verwaltungsratsmitglieder solle man darauf achten, nicht zu viele Muss-Kriterien festzulegen, da man sich sonst zu sehr einschränke.

 

Bei einem Sanierungsfall wie in Wetzikon denkt Wirz, dass zwei von den fünf zu ersetzenden Verwaltungsräten schon gesetzt sein könnten. «Wenn involvierte Investorengeldgeber davon ausgehen müssen, dass sie sich einen Haufen Geld ans Bein streichen müssen, dann wollen sie auch mitreden, falls sie weiterhin beteiligt bleiben.» Das heisst: alle, die von einem Schuldenschnitt betroffen wären, oder Neugeldgeber.

 

Der optimale Fall wäre, wenn man eine Person mit Leuchtkraft finden würde, ist Wirz überzeugt. Eine, die nicht nur die Branche aufhorchen lässt. Das könne der Präsident sein, ein Verwaltungsrat oder ein Beirat. Der schlechteste Fall wäre ein Profilierungsneurotiker. Womit wir bei einer weiteren wichtigen Frage wären.

 

Wer will sich das antun?

 

«Wenn es gut kommt, ist man der Held. Wenn nicht, ist auch klar, wo man hinschaut», weiss Wirz, der selber schon Erfahrung als Sanierer gesammelt hat. Idealerweise ist es entweder jemand, der  Erfahrung im Spital- oder Gesundheitswesen hat, oder jemand mit einer politischen Agenda. Auf keinen Fall mache man das aus finanziellen Gründen. Dafür ist der Posten nicht entsprechend bezahlt.

 

Auch Howald glaubt, dass es jemand sein könnte, der eine intrinsische Motivation mitbringt. «Es gibt viele kompetente Personen, die ihr Wissen auch weitergeben wollen. Die sich sagen: ‹Ich mache das für die Schweiz, für Wetzikon, für die Gesundheitsversorgung.›» Und jemand, der Freude für so ein Amt mitbringe.

 

Howald zeigt sich zuversichtlich, dass man eine geeignete Person finden kann, vorausgesetzt, man hat eine gute Suchstrategie. Für Wirz ist klar, dass auch der Markt eine Rolle spielt. «In seltenen Fällen sind solche Rollen dankbar. Also muss man dankbar sein, wenn sich das jemand antut.»

 

Wenn selbst der Headhunter nicht will

 

Niemandem antun möchte diese Rolle ein dritter Headhunter. Der knapp 50-Jährige arbeitet bei einem Büro, das neben der Personalsuche auch Unternehmensberatungen macht und sich auf das Gesundheitswesen spezialisiert hat. Um die Neutralität zu wahren, möchte er nicht namentlich genannt werden.

 

«Wenn wir ganz offen sind, wird das Spital sicher untergehen», sagt er bestimmt. Das Mandat hätte er aus diesem Grund auch ausgeschlagen, wenn man ihn gefragt hätte. «Ich würde niemanden aus einer sicheren Situation herausnehmen und dahin vermitteln.»

 

Harte Worte eines Unbeteiligten. Doch der Headhunter untermauert seine Aussagen mit einer nüchternen Betrachtung der Fakten. Die 170-Millionen-Anleihe, die das Spital schon beim jetzigen Zinssatz nicht zurückbezahlen kann. «Wie soll das mit 4 Prozent und mehr gehen?», fragt er im Hinblick auf die Forderung der Gläubigergruppe rund um Investor Gregor Greber. Ein zu 70 Prozent fertiggestellter Neubau, der jetzt zurückgebaut werden muss. «Das ist eine Katastrophe.» Der Kanton, der das Spital als nicht systemrelevant erachtet. «Das hat Signalwirkung.»

 

Spitalschliessung ins Auge fassen

 

Die Leistungen des Spitals stellt er nicht infrage. Die seien gut – operativ funktioniere das Spital sicherlich gut. Es werde sich immer jemand finden lassen, der eine solche Situation als Sprungbrett nutzen wolle. Und er spürt die Loyalität mit dem Spital – nicht nur aus der Bevölkerung.

 

«Man bekommt fast keinen Arzt da raus. Die glauben daran», weiss der Headhunter, der in der angespannten Situation schon mal die Fühler nach Fachkräften ausgestreckt hält. Man müsse sich die Frage stellen, ob man den Betrieb sicherstellen könne. Und wenn nicht, ob es ihn überhaupt noch brauche.

 

Der Headhunter ist überzeugt: Das Spital Wetzikon braucht es nicht. Weil es im Umkreis von wenigen Kilometern gleich mehrere Spitäler gibt, allen voran Uster. Das Nadelöhr Aatal sieht er nicht als Problem. Und meint mit einem zwinkernden Auge: «Man könnte in Wetzikon ja einen Heli-Landeplatz bauen.»

 

Eine ähnliche Situation habe es beim Spital Laufen im Kanton Baselland gegeben. Mit dem Laufental als Nadelöhr. Jahrelang sei es defizitär gewesen. «Ein Heli Taxi wäre sicherlich günstiger gekommen», ist der Gesundheitswesen-Experte überzeugt. Doch man hat sich für einen anderen Weg entschieden.

 

Das Spital wurde geschlossen und stattdessen ein provisorisches Ambulatorium am Standort errichtet. Mittlerweile ist dieses an einem anderen Standort untergekommen, und das Land ging zurück an die Gemeinde. Diese hat es umgezont und will auf der Parzelle jetzt Wohnraum errichten.

 

Ein Problem des Schweizer Systems

 

Der Kritiker macht eine düstere Prophezeiung fürs GZO: «Die werden innert nützlicher Frist nicht auf ein notwendiges Ebitda kommen, das auch nur annähernd dazu beitragen würde, dass sie sich selber finanzieren können.» Die Ebitda-Marge – auch Umsatzrendite genannt – liege mit der kantonalen Vorgabe von 10 Prozent heute sowieso schon zu tief, meint der Gesundheitswesen-Experte, der sie lieber auf 13 Prozent und mehr sähe.

 

Noch bis ins Jahr 2022 (9,4  Prozent) galt das GZO als Musterschüler bei der Ebitda Marge. Das Spital konnte seinen Betrieb also bei relativ geringen Kosten am Laufen halten. 2023 lag das Spital mit nur noch einem Prozent deutlich unter der kantonalen Vorgabe und erstmals seit 2019 auch unter dem schweizweiten Schnitt von 2,3 Prozent. Für das laufende Jahr rechnet das GZO mit knapp 5 Prozent Umsatzrendite.

 

Auch Wirz meint, für kleinere Spitäler, die nicht einem Verbund angehörten oder ein Uni- oder Kantonsspital seien, werde die Lage schwieriger, wenn man es rein betriebswirtschaftlich betrachte. Fakt ist: Bei ambulanten Eingriffen liegt der Deckungsgrad bei rund 80 Prozent, bei stationären bei rund 90 Prozent.

 

Die Schuld am Scheitern trage  Wetzikon noch nicht mal allein. Der kritische Headhunter sieht das Problem auch im «Kantönligeist». Dieser sorge mit dafür, dass nach wie vor zu viele Spitäler am Leben erhalten werden müssten. «Man richtet das System an der gesetzlich vorgegebenen Versorgung aus. Dadurch stehen Spitäler unterschiedlicher Kantone nahe beieinander.»

 

Ein System mit Versorgungsregionen über die Kantonsgrenze hinaus sei zielführender. Das könne man geografisch, an der bestehenden Versorgung oder an der Nachfrage an medizinischen Leistungen auslegen.

 

Eine wesentliche Rolle spiele aber auch die Erwartungshaltung der Bevölkerung. «Sich über die Höhe der Krankenkassenprämie beklagen und gleichzeitig gegen die Zusammenführung oder Schliessung der gefühlt ‹eigenen› Spitäler sein, das widerspricht sich.»

Don't miss out on new updates.

Subscribe for our newsletter

form-image